Alles Saatgut!

Saatgut ist die Wiege des Lebens. Kontrolliert man das Saatgut, hat man Macht über unsere Ernährung. Ohne Saatgut gibt es kein Essen. Keine Bäuer*innen, die Pflanzen kultivieren, bedeuten ebenfalls kein Essen – sei es Gemüse, Obst oder Futter für Tiere.

Auch wenn wir als Konsument*innen oft wenig damit zu tun haben, spielt Saatgut eine enorm wichtige Rolle in unserem täglichen Leben. Warum ist das so und was hat das Grazer Saatgutfest – das in vier Wochen stattfindet – damit zu tun?

Ein Beispiel dafür ist die geschmacklose Tomate im Supermarkt. Vor 10 Jahren hatten wir vielleicht nur eine Standardtomate zur Auswahl. Dank des Engagements von kritischen Konsument*innen, Bauern und NGOs, die sich für Saatgutvielfalt einsetzen, hat sich die Situation geändert. Vielfalt ist wieder auf unseren Tellern angekommen.

Aber, und das ist ein großes Aber, diese Vielfalt ist bedroht. Warum? Das hat viele Gründe, aber wir versuchen es, kurz zusammenfassen: Damit wir billige Lebensmittel haben, müssen die Kosten in der Produktion gesenkt werden. Das geht aber nur auf Kosten der Bäuer*innen, deren Mitarbeiter*innen und der Umwelt. Geringe Löhne für die Produzent*innen, Monokulturen auf den Feldern, der Einsatz von Umweltgiften sind die Folge. Viele können diesem Druck nicht standhalten und hören auf. Betriebe werden immer größer, aber können sie wirklich so nachhaltig wirtschaften, wie es uns die Werbung weismachen möchte? Es ist ein Teufelskreis, von dem nur wenige Konzerne profitieren, die die Wertschöpfungskette unserer Lebensmittel kontrollieren.

Die Entwicklung neuer Pflanzen mit gewünschten Eigenschaften ist teuer. Gentechnik wird als schnelle Lösung angepriesen, aber nur, wenn sich die Investition für die Konzerne lohnt. Das führt dazu, dass Saatgut so gezüchtet wird, dass es zusätzliche Produkte erfordert – künstliche Dünger und Pestizide. Das rentiert sich jedoch nur im großen Maßstab, was wiederum große Betriebe erfordert, die billig produzieren – auf Kosten von Mensch und Umwelt.

Hier fließt viel Geld hinein, auch in Form von Fördermitteln und Steuergeldern. Man sagt uns, dass dies notwendig ist, um Hunger auf der Welt zu verhindern. Doch das ist irreführend, denn wir produzieren bereits mehr als genug. Die Frage ist, was passiert mit den Lebensmitteln? Sie werden an Tiere verfüttert oder verderben auf den Weg. Mit ihnen wird spekuliert, sodass sie nie an ihren Bestimmungsort kommen oder zu teuer für viele Menschen sind.

Wir verlieren wertvollen Ackerboden, aber es ist nicht die Lösung, die Landwirtschaft noch weiter zu intensivieren, wie das viele Konzerne anstreben. Wir brauchen keine Monokulturen von Großbetrieben, sondern klein-strukturierte Betriebe und Kreislaufwirtschaft für eine klimaschonende Landwirtschaft, die die Artenvielfalt fördert und erschwingliche Lebensmittel produziert. Kleine Betriebe ernähren die Welt und sind besser auf die Zukunft vorbereitet – ohne große Investitionen von Steuergeldern. Vielfalt auf dem Feld bedeutet Resilienz.

Deshalb ist das Grazer Saatgutfest so wichtig. Wir wollen den Fokus auf die harte Arbeit der Bauern von kleinen Betrieben lenken, die täglich hochwertige Lebensmittel produzieren. Wir wollen Gärtner*innen, egal ob im Hausgarten, am Balkon oder im Gemeinschaftsgarten, die Möglichkeit bieten, an wertvollem Saatgut zu kommen und sich zu vernetzen. Und auch Konsument*innen möchten wir die Gelegenheit geben, sich direkt über Saatgut und Lebensmittelproduktion zu informieren.

In den nächsten Wochen werde ich euch weitere Hintergrundinfos in Form von kurzen Blogbeiträgen zur Bedeutung von Vielfalt bei Saatgut geben. Wir freuen uns schon auf das Grazer Saatgutfest 2024 und hoffen, ihr auch.


Bilder erstellt mit DALL-E.