Sonnwend garteln / Midsummer gardening

I was not speaking of a marginality one wishes to lose – to give up or surrender as part of moving into the center – but rather of a site one stays in, clings to even, because it nourished one’s capacity to resist. It offers to one the possibility of radical perspective from which to see and create, to imagine alternatives, new worlds.  ~ Bell Hooks (1990, p. 150)

Wir werden Mut, wir werden einander und viele Netze des Widerstandes gegen die kapitalistische Zerstörung alles Lebendigen und gegen Menschenverachtung in all ihren Formen brauchen – ebenso wie sicher Räume, in denen wir (wieder) lernen zu träumen, in denen wir uns über Ideen, die uns inspirieren, austauschen, um sie kollektiv Wirklichkeit werden zu lassen.“ ~ Daniela Gottschlich in Ökofeminismus (S.14)

***English below***

Zaunpfahl um Zaunpfahl, Samenkorn um Samenkorn haben wir in den letzten Monaten einen Garten entstehen lassen. Aus vielen Händen wurde er aufgebaut. Aus vielen Ideen ist er entstanden.

Einen Garten, in welchem schon Gemüse geerntet wurde und in welchem der Versuch besteht, sich aus den bestehenden patriarchalen Machtstrukturen und Hierarchien, die dort draußen existieren, zu befreien und diese fallen zu lassen. Oder wie Bell Hooks es beschreibt als eine „Möglichkeit einer radikalen Perspektive, von der aus man sehen und schaffen, sich Alternativen, neue Welten vorstellen kann.“

Unter anderem haben wir Kränze beim Sonnwendfest aus Blumen und Efeu gebunden.

Am 21.06. sind wir zusammenkommen anlässlich der Sonnwend. Ein Fest, wo Menschen zusammenkommen und der längste Tag zelebriert wird.

So auch bei uns: wir haben zelebriert, dass wir gemeinsam hier sein können, dass wir gemeinsam diesen Ort geschaffen haben.

Es ist ein Ort von und für Frauen*.

Frauen* werden gezwungen sich immer und immer wieder den patriarchalen Fängen des Systems unterzurordnen. Vorstellungen und Stigmatas, wie Frauen* zu sein haben, prägen bis heute unsere Gesellschaft. Als Frau* ist das Risiko von Armut betroffen zu sein in Österreich größer (Statistik Austria 2023) und der Zugang zu Mitgestaltungsmöglichkeiten ist erschwert (Hansen 2024).

Durch den Garten wollen wir das ein Stück ändern. Wir wollen ihn in die Mitte der Mitgestaltung bringen und es ist der Versuch, Frauen* einen Ort zu geben, wo sie fernab von systemischer Unterdrückung oder anderen sein können. Wo nicht länger Konkurrenz und Leistung und das Tun für andere zählen, sondern sie* selbst.

(Wir werden auf die Diskriminerung von Frauen* und auch FLINTA* Personen sowie auf den ungleichen Zugang zu (politischer) Teilhabe in den folgenden Blogeinträgen noch mehr eingehen.)

Wenn wir zusammenkommen, kommen wir als eine Gemeinschaft freitags zusammen, die versucht, sich mit Wohlwollen und Sehen des anderen zu begegnen.

Mit dem 8. März fing es an. Der Tag, an welchem auf die Unterdrückung an FLINTA* (Frauen, Lesben, intergeschlechtliche, nicht-binäre, trans-, agender- Personen) Personen aufmerksam gemacht und diese angeklagt wird.

Für uns war der 8. März ein Tag, an welchem sich eine Gruppe von Frauen* gefunden hat, die einen Ort aufbauen wollte, welcher der ihre* ist.

Vom Schlagen der Zaunpfähle in den Boden bis zum Anlegen der Beete, vom Säen bis zum Rankstrukturen bauen – das alles haben wir geschaffen in unserem Garten.

Neben Kränze binden, haben wir am Sonnwendfest gemeinsam gegessen, uns ausgetauscht, Wünsche auf Papier festgehalten und so viele weitere Ideen für den Garten entstehen lassen.

Das alles sind wir!

Und doch begegnen uns Menschen erstaunt wenn wir erzählen, was wir aufgebaut haben und das nur mit Händen von Frauen*.

Das zeigt wohl einmal mehr, dass wir gesellschaftlich noch weit von einem Aufbrechen des binären Geschlechtssystems und seinen Stigmatas entfernt sind.

Umso mehr braucht es solche Orte,

umso mehr braucht es Orte des Widerstandes – „sichere Räume, (…) an welchen wir wieder lernen zu träumen, (…)“ (Daniela Gottschlich 2024) !


Fence post by fence post, seed by seed, we have created a garden over the last few months. It was built by many hands. It has been created from many ideas.

A garden in which vegetables have already been harvested and in which there is an attempt to free ourselves from the existing patriarchal power structures and hierarchies that exist out there and to let them fall. Or as Bell Hooks describes it as a „possibility of a radical perspective from which one can see and create, imagine alternatives, new worlds.“

Among other things, we tied wreaths of flowers and ivy at the midsummer festival.

On 21 June, we came together to celebrate the solstice. A festival where people come together and the longest day is celebrated.

We celebrated the fact that we can be here together, that we have created this place together.

It is a place by and for women*.

Women* are forced to submit to the patriarchal clutches of the system over and over again. Ideas and stigmas about how women* should be still characterise our society today. As a woman*, the risk of being affected by poverty is greater in Austria (Statistik Austria 2023) and access to opportunities for co-determination is more difficult (Hansen 2024).

We want to change this a little with the garden. We want to bring it into the centre of co-creation and it is an attempt to give women* a place where they can be far away from systemic oppression or others. Where competition and performance and doing for others no longer count, but they* themselves.

(We will discuss the discrimination of women* and also FLINTA* people and the unequal access to (political) participation in more detail in the following blog posts).

When we come together, we come together as a community on Fridays, trying to meet each other with goodwill and seeing each other.

It all started on 8 March. The day on which the oppression of FLINTA* (women, lesbians, intersex, non-binary, trans, agender) people is highlighted and denounced.

For us, 8 March was a day when a group of women* came together to build a place that was theirs*.

From hammering the fence posts into the ground to laying out the beds, from sowing to building climbing structures – we created it all in our garden.

As well as making wreaths, we ate together at the midsummer festival, exchanged ideas, wrote down wishes on paper and came up with lots more ideas for the garden.

We are all that!

And yet people are astonished when we tell them what we have built, and only with the hands of women*.

This probably shows once again that society is still a long way from breaking down the binary gender system and its stigmas.

All the more reason why such places are needed,

all the more we need places of resistance – „safe spaces, (…) where we learn to dream again, (…)“ (Daniela Gottschlich 2024) !


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Verwendete Quellen / Sources used

Hammer, Angela; Skina-Tabue, Magdalena (2022). Konsumstrukturen in armuts- oder ausgrenzungsgefährdeten Haushalten. In: Statistische Nachrichten 2/2022. Statistik Austria: https://www.statistik.at/fileadmin/pages/338/StN2022_02_Soziales_Armut_Konsum.pdf

Hansen, Lina und Gerner, Nadine. Ökofeminismus zwischen Theorie und Praxis: Eine Einführung. 1. Auflage, 2024. UNRAST-Verlag.

Hooks, Bell (1990). Choosing the margin as a space of radical openness. Yearning: Race, gender, and cultural politics, p. 150. South End Press.