Streuobstwiese Eggenberg

Die Vielfalt der Streuobstbestände prägt die Kulturlandschaft

Was ist eine Streuobstwiese?

Eine Streuobstwiese ist eine traditionelle Form des Obstanbaus. Hohe, weit verstreute Obstbäume wachsen auf einer Wiese, die oft als Weide oder Mähwiese genutzt wird. Sie verbindet Landwirtschaft mit Naturschutz.

Diese Wiesen sind charakteristisch für viele Regionen Europas und spielen eine wichtige Rolle in der Kulturlandschaft und im Erhalt der Biodiversität. Streuobstwiesen beherbergen oft eine Vielzahl von Obstsorten, darunter Äpfel, Birnen, Pflaumen, Zwetschgen, Kirschen und Walnüsse. Diese Sortenvielfalt trägt zur genetischen Vielfalt bei und bietet eine breite Palette von Geschmacksrichtungen und Verarbeitungsmöglichkeiten. Im Gegensatz zu intensiven Obstplantagen werden Streuobstwiesen extensiv bewirtschaftet. Die Bäume stehen weit auseinander, was ihnen genügend Platz für eine natürliche Entwicklung bietet. Dies fördert die Gesundheit der Bäume und reduziert den Bedarf an chemischen Düngemitteln und Pestiziden.

Lebensraum für viele Arten!

Streuobstwiesen sind wichtige Lebensräume für eine Vielzahl von Pflanzen und Tieren. Sie bieten Nahrung und Schutz für Insekten, Vögel und Säugetiere und tragen zur Erhaltung der Artenvielfalt bei. Besonders gefährdete Arten finden hier oft einen Rückzugsort.

Streuobstwiesen sind ein Hotspot der Artenvielfalt:

  • Über 5.000 Tier- und Pflanzenarten leben hier.
  • Vögel wie Steinkauz oder Grünspecht finden Brutplätze.
  • Wildbienen, Schmetterlinge und Käfer finden Nahrung.

Sie sind auch ein Ort der Erholung und des Naturerlebens für die lokale Bevölkerung. Die Bewirtschaftung von Streuobstwiesen ist nachhaltig und umweltfreundlich. Sie fördert den Erhalt der Bodenfruchtbarkeit und die Wasserspeicherung und trägt zur Reduzierung von CO2-Emissionen bei. Streuobstwiesen sind nicht nur ökologisch wertvoll, sondern auch wirtschaftlich interessant. Sie bieten die Möglichkeit, hochwertige und geschmacklich einzigartige Produkte zu erzeugen. Der Erhalt und die Pflege von Streuobstwiesen sind daher von großer Bedeutung für die Umwelt und die Gesellschaft.

Vielfalt statt Einfalt!

Streuobstwiesen sind nicht nur ein Ort traditioneller Obstsorten, sondern zunehmend auch ein Experimentierfeld für den Anbau exotischer Arten. In einigen dieser Wiesen werden mittlerweile auch Mandelbäume, Kakis und Pawpaw kultiviert, um die Vielfalt zu erweitern und neue Geschmacksrichtungen zu erkunden. Der Anbau dieser exotischen Arten ist ein spannendes Experiment, das sowohl Herausforderungen als auch Chancen bietet. Mandelbäume, die ursprünglich aus wärmeren Klimazonen stammen, erfordern besondere Aufmerksamkeit hinsichtlich ihrer Standortwahl und Pflege, um in gemäßigten Klimazonen erfolgreich zu gedeihen. Kakis, bekannt für ihre süßen, orangefarbenen Früchte, bieten eine interessante Ergänzung zu den traditionellen Obstsorten und können bei richtiger Pflege auch in kühleren Regionen Früchte tragen. Die Pawpaw, eine Frucht mit tropischem Geschmack, ist in Nordamerika heimisch und wird zunehmend in europäischen Streuobstwiesen getestet. Diese Experimente mit exotischen Arten tragen nicht nur zur Erweiterung der Geschmacksvielfalt bei, sondern fördern auch die Anpassungsfähigkeit und Widerstandsfähigkeit der Streuobstwiesen gegenüber klimatischen Veränderungen.

Warum tun wir das?

Vieles deutet darauf hin, dass der Klimawandel in Graz spürbar angekommen ist. Wir vermuten schon seit einiger Zeit, dass Graz, das bislang in der USDA Plant Hardiness Map in der Zone 7a/b eingeordnet war, mittlerweile eher der Zone 8 zuzuordnen ist.

Screenshot www.plantmaps.com/interactive-austria-plant-hardiness-zone-map-celsius.php

Die USDA Plant Hardiness Map ist ein hilfreiches Werkzeug für Gärtner:innen, da sie Regionen anhand ihrer kältesten Temperaturen klassifiziert. Sie zeigt auf, in welchen Gebieten die Winter mild genug sind, um wärmeliebende, mediterrane oder subtropische Pflanzenarten erfolgreich anzubauen. Allerdings sind niedrige Temperaturen nicht der einzige limitierende Faktor bei der Auswahl wärmeliebender Pflanzenarten. Besonders wichtig ist auch die Spätfrostempfindlichkeit der jeweiligen Spezies. In Österreich empfiehlt es sich daher, vor allem sehr spät austreibende Arten zu wählen – insbesondere, wenn es um Mandeln, Feigen, Kakis sowie Pflaumen und deren Kreuzungen geht.

Sämlinge, die es nicht geben sollte

Unsere Vermutung, dass Graz inzwischen einer wärmeren Klimazone zuzuordnen ist, stützen wir vor allem auf die Entwicklung der Vegetation im urbanen Raum. Das Kultivieren von Feigen oder Maulbeerbäumen war im Stadtgebiet schon länger üblich. Neu hingegen ist, dass in den letzten fünf bis zehn Jahren vermehrt wilde Sämlinge aufgehen. Dies deutet darauf hin, dass die Winter in der Stadt mittlerweile so mild geworden sind, dass selbst frostempfindliche Sämlinge aus der Familie der Maulbeergewächse (Moraceae) überleben können. Zudem scheinen Spätfröste in den letzten Jahren so weit zurückgegangen zu sein, dass mediterrane Spezies nicht mehr ernsthaft gefährdet sind.

Maulbeersämling, Ursulinen Gymnasium, St. Leonhard

Feigen Sex

Ein weiterer interessanter Aspekt betrifft das Sexualverhalten der lokalen Feigen. Die meisten in den Grazer Gärten vorkommenden Feigen sind parthenokarp, das heißt, sie können ohne Bestäubung Früchte bilden. Die dabei entstehenden Samen sind allerdings nicht keimfähig. Diese Sortenwahlen machen sehr viel Sinn, da die Bestäubung durch die Feigen-Gallwespe (Blastophaga psenes) in unseren Breitengraden nicht stattfindet und es bei bestäubungsabhängigen Sorten auch zu keiner Fruchtbildung kommen würde – die Wespe kommt vor allem im Mittelmeerraum vor und überlebt kalte Winter kaum. Dass dennoch zunehmend Feigensämlinge in Graz auftauchen, könnte darauf hindeuten, dass es innerhalb der Stadt Mikroklimata gibt, die ihnen das Überleben ermöglichen. Eine weitere, wenn auch weniger wahrscheinliche, Erklärung wäre, dass sich die Feigen-Gallwespe an kältere Winter angepasst hat oder ein bislang unbekannter Bestäuber aktiv ist.

Feigensämling in der Körblergasse, Geidorf

Obstgehölze für die Zukunft

Wie auch immer – wir lernen: Das sich verändernde Klima bringt nicht nur Herausforderungen, sondern auch neue Möglichkeiten für bestimmte Pflanzenarten.

Um herauszufinden, welche Spezies von dieser Veränderung profitieren, und um den öffentlichen Raum essbarer zu gestalten, legen wir in Eggenberg die erste klimafitte Streuobstwiese in Graz an. Neben klassischen mediterranen Kulturpflanzen werden wir auch weniger bekannte Obstgehölze und Sträucher anpflanzen, die sich für unser Klima eignen könnten.

Die Pflanzaktionen finden partizipativ im Workshop-Format statt. Neben dem gemeinsamen Pflanzen der Bäume wird Wissen über die verschiedenen Arten sowie über das richtige Anlegen und Pflegen von Bäumen vermittelt.

Gehölzliste

Für alle, die sich für die genaue Zusammensetzung der Streuobstwiese interessieren – hier unsere vorläufige Gehölzliste (einzelne Sorten können sich noch ändern):

ArtnameKultivarSpezies
Paw PawKSU BensonAsimina triloba
Paw PawPrima 1216Asimina triloba
Paw PawKSU AtwoodAsimina triloba
KornelkirscheSzaferCornus mas
KornelkirscheNieżnyjCornus mas
KornelkirscheBolestraszyckiCornus mas
QuitteEsmeCydonia oblonga
QuitteIranCydonia oblonga
Kaki asiatischChinebuliDiospyros kaki
Kaki asiatischJiroDiospyros kaki
Kaki HybridSosnovskayaDiospyros kaki x virginiana
Kaki amerikanischProkDiospyros virginiana
GoumiSämlingElaeagnus multiflora
GoumiSämlingElaeagnus multiflora
PointillaFortunellaElaeagnus umbellata
PointillaAmorosoElaeagnus umbellata
FeigenViolette SeporFicus carica
FeigenDesert KingFicus carica
FeigenVerdino del NordFicus carica
HaskapBoreal BeastLonicera caerulea
HaskapAuroraLonicera caerulea
HaskapVostorgLonicera caerulea
HaskapGiant HeartLonicera caerulea
MispelKuhrpfalzMespilus germanica
MaulbeereYugoslaviaMorus alba
MaulbeereSangue e’ LatteMorus alba
MaulbeereEmanueleMorus alba x rubra
MaulbeereSämlingMorus nigra
RinglotteReneclaude d’ QuillinsPrunus domestica
RinglotteGroße Grüne ReneclodePrunus domestica
MandelLaurannePrunus dulcis
MandelMakakoPrunus dulcis
Schwarze MarilleWeinbergner Syn. HessePrunus x dasycarpa
Schwarze MarilleBarkny ChornyPrunus x dasycarpa
Nashi BirnePandoraPyrus pyrifolia
Nashi BirneReddy RobinPyrus pyrifolia
Duck PearTsu LiPyrus ussuriensis x bretschenderi
Duck PearEarly ShuPyrus ussuriensis x bretschenderi
ShipovaShipovaSorbopyrus araucaulis
JujubeXuan Cheng JuanZiziphus jujuba
JujubeHupingZiziphus jujuba

Kontakt

Bei Fragen wendet euch gerne an Andreas Motschiunig:

Dank